Neue Nachrichten aus der Provinz
ast zehn Jahre nach den „Nachrichten aus der Provinz“ schiebt der Kärntner Egyd Gstättner nun die „Neuen Nachrichten aus der Provinz“ – wie es im Untertitel heißt – nach. Aber Namen sind Schall und Rauch, der Band versammelt satirische Stücke unterschiedlicher Natur und mit unterschiedlichen Protagonisten. Etwa die kleinbürgerlichen Familien Peternell, Neunteufel, Grafenauer und Fürnsinn, die sich einmal jährlich im Hotel Linz in Jesolo einfinden, um sich gegenseitig beim Altern und Scheitern zuzusehen („Gute Freundschaft, großes Glück“). Oder ein selbsterklärter Nachfolger Tschechows, der einen „Gemeinnützigen Vortrag über Waidmannsdorf“ hält und dabei ebenso zielsicher auf den Kalauer zusteuert, wie man dies von den Büttenrednern des „Villacher Faschings“ gewohnt ist („Wenn ich jedenfalls einmal nach Düsseldorf komme, muss ich unbedingt diesen geheimnisvollen Düssel besichtigen.“)
Die häufigste Hauptfigur ist freilich der Autor selbst – oder wenigstens sein „satirisches Ich“. Darin liegt vielleicht auch eine Schwäche des Buches, denn der Autor ist – bei aller zugestandenen stilistischen Brillanz – leider nicht völlig frei von Eitelkeit. Deutlich tritt dieser Charakterzug zutage, wenn er sich in einem beleidigten Exkurs über Wien und die Wiener auslässt („Simmeringer Hauptstraßenblues“). Zugegeben – es geht um mehr in diesem Text, beispielsweise um Falco, Libro-Plakate und den Tod. Auslöser für das Memento Mori ist allerdings die Tatsache, dass eine Billeteuse im Volkstheater den Autor nicht als den erkannt hat, der er ist: der Schriftsteller Egyd Gstättner. Was dieser recht persönlich zu nehmen scheint – ebenso wie die verzögerte Ausstrahlung eines ORF-Beitrages zu seinem jüngsten Roman „Der König des Nichts“ . . .
An anderen Stellen dagegen wird einem der Autor geradezu sympathisch in seiner ironischen und augenzwinkernden Selbstdarstellung. Etwa wenn es um eine Lesereise durch Portugal geht, die gänzlich anders verläuft als erhofft. Heimweh, Hypochondrie und Panikattacken machen den Aufenthalt zur Hölle. Das liebste Possessivpronomen des Menschen kommt hier nur in sehnsuchtsvollen Beschwörungen zum Einsatz: „Wie hast du nur so töricht sein können, in die selbstgebaute Falle zu tappen, ins Barockgefängnis am anderen Ende der Welt? Meine Kinder! Mein Büro! Mein Hausarzt! Meine Fußballmannschaft! Mein Schreibtisch! Mein PC! Meine Tabellen! Mein Krankenhaus! Mein Trafikant! Mein Schlüsselbund! Mein See! Mein Fernsehapparat! Mein Friedhof!“
Egyd Gstättner: Waidmannsdorfer Weltgericht. Neue Nachrichten aus der Provinz. Edition Atelier, Wien 2002, 187 Seiten.