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Herder Frauendienst

Hirnsprünge auf dem Ironieparcours

S

prechen wir nicht von dem Sinn, mein lieber Herder, sprechen wir von den Sinnen.“ Schon dieser Anfangsakkord stellt klar: die Gstättn, die Gstättner dem Leser zuweist, ist ein Ironieparcours.

Der Wartburg ist out, es lebe die Wortburg! und die baut der 28-jährige Kärtner Autor in seinen zynischen Liebeserklärungen auch zu Genüge auf, um sie sogleich Stück für Stück wieder auseinanderzunehmen – Hindernisse für hirnsprünge, denn Sinn und Unsinn eignen sich gleichermaßen zu Elementen dieses Irrgartens, in dem die Einfallspinsel ansatz- wie mühelos zu Bauchpinslern mutieren. Und umgekehrt, versteht sich.

Auch muss man weder German-(noch anderer)-ist sein. um von Egyd Gstättner lustvoll gewatscht zu werden. In den drei Geschichten „Silentium“, „Frauendienst“ und „Contempus mundi“ räsonieren drei Männer (oder Gstättner) über das Leben und die Lebensumstände, werden Gott und die Welt durch den Kakao gezogen. Ungeachtet der jeweiligen Ausgangsfarbe, tunkt der Autor Universitätsdozenten und Möbelverkäufer, Spione und Leichtgläubige, Philosophen, Friedhosgärtner unnd Bürgermeister hinein. Wenn Goethe einmal nur mehr zur Forelle blau taugt, Jochen Jung vom Salzburger Residenz-Verlag als Albert Alt auf die Suche nach Manuskripten geht und Peter Turrini als Peter Mailand, sein Pinkerl mit 26 Jahren sozielen Engagements umgebunden, über die Absätze hechtet, dann zeigt Gstättner zu welcher Form er aufzulaufen vermag, um andere auflaufen zu lassen.

Dass sich solcherart viele gesuchte Pointen ansammeln und der Autor auf falsch gelegte Fährten oft vorzeitig wieder den Retourengang einlegt, mindert das Vergnügen an den Zwischentönen dieser satirischen Drehorgel nur kurz. Und selbst wenn man die Anzahl der beschriebenen Seiten durch jene der Telefonanrufe, die eine Besprechung urgieren, dividiert, bleiben unterm Strich noch knapp 40. Gstättner beim Wort genommen, lässt sich sagen: Erstens, der Schein kann ruhig trügen, nur möglichst gut. Zweitens. Aber nicht wir haben Geschichte, die Geschichte hat uns. Drittens. Warten wir die Frühjahrskollektion ab. Jedes Jahr eine neue Hose, ein neues hemd un ein neuer Dichter.

(„Buch der Woche“, ausgewählt von Uschi Loigge – Kleine Zeitung – Freitag, 24. August 1990, Seite 24)

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