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Ein Buch aus dem Leben oder der doppelte Boden des Fußballs | Beitrag Kleine Zeitung

Beitrag verfasst von Hubert Gigler.

Egyd Gstättner hat einen Roman zum tragischen Schicksal eines echten Fußballers geschrieben.

Manchmal verschwimmen Grenzen, doch in diesem Fall ist sie messerscharf, die Trennlinie. Sie hat zwei für einen Zeithauch parallel verlaufene Lebenswege zerschnitten und in die beiden Hälften des menschlichen Daseins geteilt. Der eine, Toni Polster, ist Dauergast in der österreichischen Höhenlage, der andere, Günther Golautschnig, konnte ihr nicht entkommen, der manchmal unerbitterlichen Härte des Schicksals.

Es ist der Fußball, der solche Geschichten in die Welt setzt, und Egyd Gstättner hat sie gedanklich festgehalten, über die Jahre reifen lassen und schließlich in Buchform gegossen. „Der große Gogo“ hat in der Wirklichkeit kurz einen für die Größen des Sports reservierten Platz eingenommen uns musste ganz schnell wieder abtreten von der Bühne, so, als sei er dafür nicht vorgesehen gewesen. Der Protagonist wird von Gstättner aus seiner menschlichen Hülle herausgeschält und als Gustav Goggerwenig in eine Kunstfigur transferiert, während alle anderen Beteiligten als reale Personen weiterexistieren.

„Erstmals“, sagt Gstättner, „wird ein echter Fußballer Hauptfigur eines Romans.“ Nie zuvor wäre der Klagenfurter auf die Idee gekommen, seine Leidenschaft dichterisch zu verarbeiten, doch einem solchen Stoff, ein aufgelegter Elfer, konnte sich der Autor auf Dauer nicht entziehen. Die innere Gegenwehr war eine Folge der gefühlten Abgehobenheit des Kulturbetriebs, der beim Sport und ganz besonders beim Fußball verschämt zur Seite blickt. „Das ist doch ziemlich verlogen“, meint Gstättner. Der Autor möchte „zeigen, dass Literatur auch dazu da ist, Geschichten zu erzählen, eine wahre und aus dem Leben gegriffene Geschichte“. Die den Hauptdarsteller erfassende Tragik sei „hochsymbolisch“, die von der Wirklichkeit ins Spiel gebrachten Gegensätze bewegen sich als zeitlose Begleiter durch das Theater der Träume. Denn sie stehen nebeneinander, „Erfolg und Misserfolg, Höchstleistung und Ohnmacht, Popularität und Vergessenheit“.


Der Vorlagengeber heißt Günther Golautschnig, der 1982 aus dem tiefen Kärtner Süden von Austria Klagenfurt direkt ins Nationalteam vorgestoßen war. Schuld daran war der damals bereits 29-Jährige selbst, es geschah aufgrund seiner Leistungen. Und dann durfte er am 17. November im Ländermatch gegen die Türkei auch noch spielen, während Stürmerkollegen wie Peter Pacult oder Gernot Jurtinauf der Bank Platz nehmen mussten. Hans Krankl war nicht mit von der Partie, dafür ein junger, aufstrebender Torjäger, 19 Jahre jung. Der Name des Co-Debütanten: Toni Polster.


Und dann passierte es. Polster gelang in der 10. Minute das Tor zum 1:0, Golautschnig wurde in der 59. Minute durch ein brutales Foul schwer verletzt, es stand nach weiteren Toren durch Bruno Pezzey, Herbert Prohaska und Walter Schachner 4.0, aber das war in diesem Zusammenhang wurscht. Der Bedauernswerte musste vom Platz getragen werden und kehrte nie mehr wieder. Seine Karriere, die eben so richtig Fahrt aufgenommen hatte, war zu Ende, während Polster aufstieg. Golautschnig ist „der tragische griechische Held, der im fünften Akt untergeht“.


„Es ist ein österreichisches Buch, ein österreichisches Schicksal“, sagt Gstättner. Das Thema habe ihn schon seit vielen Jahren verfolgt und so versucht der Schriftsteller nun eine „Milieu-Zusammenführung von Sport und Kunst“.

Von Hubert Gigler, Kleine Zeitung Graz, Donnerstag, 3. August 2023, Seite 46.

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